Schlacht bei Hemmingstedt
In der Schlacht bei Hemmingstedt schlugen am 17. Februar 1500 die Dithmarscher Bauern die zahlenmäßig weit überlegenen Truppen des dänischen Königs Johann I. und seines Bruders Herzog Friedrich von Holstein. Die Schlacht bewahrte die faktische Unabhängigkeit der Bauernrepublik Dithmarschen für weitere 59 Jahre und ist heute der wichtigste historische Identifikationspunkt der Dithmarscher.
Die Vorgeschichte
Im Mittelalter war Dithmarschen durch Großbauerntum geprägt und in Kirchspiele gegliedert, die sich weitgehend selbstverwalteten. Eine Zeit lang unterstand Dithmarschen zwar den Grafen von Stade, doch damit fanden sich die Dithmarscher nicht ab. Auch die Grafen von Holstein erhoben Anspruch auf das Gebiet.
Ende des 12. Jahrhunderts erkannte Dithmarschen den Erzbischof von Bremen als seinen Landesherren an. Die Gründe dafür, können sowohl frommer als auch pragmatischer Natur gewesen sein. Der geistliche Herr in Bremen war schwächer als die Grafen von Holstein. Ein Lehnsverhältnis zu einem vergleichsweise schwachen Herrn bot den Dithmarschern mehr Freiräume und so blieb das Lehnsverhältnis eher ein formelles als ein faktisches.
Nach dem Tode Herzog Adolfs von Holstein wählten die schleswig-holsteinischen Stände 1459 Christian I., König von Dänemark, Norwegen und Schweden, zum Herzog von Schleswig und zum Grafen von Holstein-Stormarn. Dieser besann sich auf den alten Anspruch Holsteins auf Dithmarschen. Kaiser Friedrich III. stellte Christian 1473 einen Lehnsbrief für Dithmarschen aus und erhob Holstein zum Herzogtum. Die Dithmarscher protestierten dagegen und erinnerten an ihre Zugehörigkeit zur Bremischen Kirche. Noch im selben Jahr wandten sie sich damit an den Papst, der die Stellung Dithmarschens ausdrücklich unterstützte. Nach langen Verhandlungen nahm Friedrich III. den Lehnsbrief schließlich zurück.
Die Söhne Christian I. Johann und Friedrich, die ihm 1481 nachfolgten, teilten sich die Nachfolge in den Herzogtümern Schleswig und Holstein und erneuerten ihren Anspruch auf Dithmarschen. Sie forderten die Landeshoheit, jährlichen Tribut und den Bau dreier befestigter Residenzen. Dem kamen die Dithmarscher nicht nach und damit lief der Konflikt auf einen Krieg hinaus.
Die Schwarze Garde
Der König von Dänemark, Johann I., und der Herzog von Schleswig und Holstein, Friedrich I., brachten im Jahr 1500 ein Herr von etwa 12.000 Mann auf. Dem waren die Dithmarscher zahlenmäßig deutlich unterlegen. Der Erzbischof von Bremen und die verbündeten Hansestädte schickten keine Unterstützung.
Den Kern des dänischen Heeres bildete die Große Garde oder auch Schwarze Garde. Sie war ein Landsknechtsregiment aus dem niederländischen Raum und umfasste ca. 4.000 Mann. Als berüchtigte Söldnereinheit diente die Schwarze Garde unter verschiedenen Herren und war auf den Einsatz gegen rebellierende Bauern spezialisiert.
Am 11. Februar 1500 überschritt das Heer die Grenze nach Dithmarschen. Da den Dithmarschern klar war, dass sie den Truppen des Königs nicht auf offenem Feld gegenübertreten konnten, wichen sie in die Marsch zurück. Am 12. Februar gelang es den Angreifern Windbergen und am folgenden Tag Meldorf ohne großen Widerstand einzunehmen. Den Dithmarschern in der Marsch boten sich jetzt drei Möglichkeiten: Sie konnten sofort kapitulieren, auf das schwer einnehmbare Büsum zurückweichen oder den Kampf weiterführen. Doch Büsum bot nicht genügend Platz für alle, und eine Kapitulation stand für sie außer Frage.
Die Entscheidungsschlacht
Von einem gefangen genommenen dänischen Späher erfuhren die Dithmarscher, dass der König die Absicht hatte die Landstraße weiter nordwärts Richtung Heide und Lunden zu marschieren. Die Dithmarscher entwickelten unter Federführung von Wulf Isebrand einen Plan: In der Nacht vor dem Aufbruch des königlichen Heeres warfen sie ein Stück südlich von Hemmingstedt und nördlich der sogenannten Dusenddüwelswarf eine Schanze quer zur Landstraße auf. War die Straße und damit die Beweglichkeit der Soldaten durch die Schanze schon eingeengt genug, öffneten die Dithmarscher noch zusätzlich die Siele an den Deichen. Dann versteckten sie sich hinter der Schanze und warteten auf das feindliche Heer.
Am 17. Februar brach das dänische Heer auf. Das eingesetzte Tauwetter machte den Marsch beschwerlich und das Heer konnte sich nur in einer langen Kolonne bewegen. So muss man davon ausgehen, dass ein Großteil des Heeres noch in Meldorf war, als die Schwarze Garde die Schanze erreicht hatte und die Schlacht begann.
Die etwa 6.000 Dithmarscher legten die Helme ab und zogen Harnische und Stiefel aus, um auf dem durchnässten, schlammigen Boden besser kämpfen zu können, ohne dabei von zusätzlichem Gewicht behindert zu werden. Zunächst versuchten sie Ausfälle gegen die Garde zu machen und deren wenige Kanonen umzustürzen. Dabei benutzten sie ihre Spieße zum Klotstockspringen. So blieben sie auch bei auflaufendem Wasser beweglich und konnten die immobilisierten Truppen des dänischen Königs weiter angreifen und an der Flucht hindern. Unter großen Verlusten gegen die Spieße der Söldner gelang es jedoch schließlich die gegnerische Artillerie unschädlich zu machen.
Die Garde reagierte darauf mit einem raschen Angriff auf die Schanze mit dem Ziel einer Umfassung derselben. Diese Aktion blieb erfolglos und die Garde wurde dabei stark dezimiert. In einem Gegenangriff rieben die Dithmarscher die Schwarze Garde auf. Die Reste der Garde flohen in die einzige Richtung, die ihnen verblieb: rückwärts.
Nicht besser erging es der Landwehr. Die vom Sieg trunkenen Bauern griffen weiter an und verursachten hohe Verluste unter der Landwehr. Wer noch nicht zurückgewichen war, wurde erschlagen oder ertrank. Die Reiterei versuchte zunächst das eigene fliehende Fußvolk aufzuhalten. Als jedoch klar war, dass niemand ihren Befehlen folgte, entschloss sich die Reiterei selbst in den Kampf einzugreifen. Die Dithmarscher jedoch griffen gezielt die Pferde an und hemmten somit die Beweglichkeit. Anschließend war es ein Leichtes, mit den verbliebenen Kräften der Reiterei fertigzuwerden, die schließlich im Graben zugrunde ging.
Nach nur drei Stunden war die Schlacht vorüber. Das berühmte Heer des Dänenkönigs hatte eine vernichtende Niederlage erlitten. Während die Dithmarscher die gegnerischen Fußsoldaten bald nach der Schlacht begruben, ließen sie die Adeligen unbestattet zurück. Erst nach langen Verhandlungen gewährten sie deren Begräbnis. Den früheren Wahlspruch der Schwarzen Garde, „Wahr Di, Buer, de Gaar de kummt”, wandelten die Dithmarscher um in „Woor di, Goor, de Buur de kump”.
Durch Vermittlung der Städte Lübeck und Hamburg wurde am 15. Mai 1500 Friede geschlossen, der Dithmarschens Selbstständigkeit gewährleistete. Allerdings wurden die Dithmarscher 1559 in der Letzten Fehde endgültig durch Dänemark und deren Verbündete besiegt und unterworfen.
Die Nachwirkung
Dass ein schwer bewaffnetes Ritterheer von Bauern besiegt werden konnte, galt damals als Sensation. Die Schlacht von Hemmingstedt war eben nicht nur eine Schlacht unter vielen, sondern vor allem ein wichtiger Schritt zum Zusammengehörigkeitsgefühl und Selbstverständnis der Dithmarscher. Daher setzte bereits kurze Zeit später eine intensive Rezeption und Verklärung der Schlacht bei Hemmingstedt ein.